Diese Patienteninformation soll Ihnen helfen, das Krankheitsbild Morbus Menière besser zu verstehen. Sie ersetzt kein persönliches Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, sondern dient als ergänzende Information.
Morbus Menière ist eine Erkrankung des Innenohrs, die sich durch wiederkehrende, anfallsartig auftretende Drehschwindelattacken auszeichnet. Diese Anfälle dauern in der Regel zwischen 20 Minuten und 12 Stunden. Im Verlauf entwickelt sich ein fortschreitender Hörverlust, der zunächst die tiefen Frequenzen betrifft und später auch Mittel- und Hochtonbereiche einschließen kann.
Während einer Attacke treten zusätzlich Ohrgeräusche (Tinnitus) und ein Druck- oder Völlegefühl im betroffenen Ohr auf. Häufig sind die Anfälle mit Übelkeit, Erbrechen und schweren Gleichgewichtsstörungen verbunden; in ausgeprägten Fällen ist es Betroffenen kaum möglich, den Kopf zu heben. Eine ursächliche Heilung ist bislang nicht möglich.
Diagnosekriterien der Bárány Society
A. Zwei oder mehr spontane Schwindelanfälle mit einer Dauer von jeweils 20 Minuten bis 12 Stunden
B. Audiometrisch nachgewiesener, sensorineuraler Hörverlust im Tiefton- bis Mittelfrequenzbereich in mindestens einem Ohr (Nachweis mindestens einmal vor, während oder nach einer Schwindelattacke)
C. Fluktuierende auditive Symptome im betroffenen Ohr (Hörschwankungen, Tinnitus oder Druckgefühl)
D. Keine bessere Erklärung durch eine andere vestibuläre Erkrankung
Ursachen und Pathogenese
Die genauen Ursachen sind nicht vollständig geklärt. Vermutet wird eine krankhafte Ansammlung von Endolymphe (Endolymphhydrops) im Innenohr.
Das Gleichgewichtsorgan enthält zwei Flüssigkeitsräume: die äußere Kammer mit natriumreicher Perilymphe und die innere Kammer mit kaliumreicher Endolymphe.
Kommt es zu einem Überdruck in der Endolymphe, kann die Reissner-Membran reißen.
Kalium gelangt dadurch in Bereiche, in denen es nicht vorkommen sollte, was zu einer fehlerhaften Erregung der Sinneszellen führt.
Diese falschen Signale werden vom Gehirn als Drehschwindel interpretiert.
Typische Symptome
Drehschwindel: Plötzlich einsetzender, heftiger Schwindel mit Drehgefühl; Dauer 20 Minuten bis mehrere Stunden.
Hörverlust: Zunächst im Tieftonbereich, im Verlauf zunehmend und häufig dauerhaft.
Tinnitus: Ohrgeräusche (Brummen, Klingeln, Rauschen, Summen), verstärkt vor oder während eines Anfalls.
Druck- oder Völlegefühl im Ohr: Häufiges Frühsymptom, kann Anfälle ankündigen.
Begleitsymptome: Übelkeit, Erbrechen, Schwitzen, Gangunsicherheit, in schweren Fällen ausgeprägte Immobilität.
Krankheitsverlauf
Chronischer, fortschreitender Verlauf möglich.
Im natürlichen Verlauf zeigt sich häufig eine altersabhängige Abschwächung der Symptomatik.
Selbsthilfemaßnahmen
Reizstoffe meiden: Nikotin, Alkohol und übermäßigen Koffeinkonsum möglichst vermeiden.
Stress reduzieren: Belastungen abbauen, da Stress Attacken begünstigen kann.
Gesunder Lebensstil: Ausgewogene Ernährung und ausreichend Schlaf.
Arzt aufsuchen: Bei länger anhaltendem Schwindel, plötzlichem Hörverlust oder Ohrgeräuschen sofort einen HNO-Arzt konsultieren.
Therapiemöglichkeiten
Medikamentöse Akutbehandlung: Linderung von Schwindel, Übelkeit und Erbrechen während eines Anfalls (z. B. Dimenhydrinat).
Prophylaxe: Betahistin zeigte bislang keine gesicherte Überlegenheit gegenüber Placebo.
Kortison-Injektionen (transtympanal): Können Verbesserungen bewirken, ohne relevante Nebenwirkungen im Gleichgewichts- oder Hörorgan.
Gentamicin (Ultima Ratio): Zielt auf eine gezielte Schädigung des Innenohrs ab, wodurch Anfälle reduziert werden. Aufgrund des Risikos eines beidseitigen Morbus Menière nur in Ausnahmefällen.
Vestibuläre Rehabilitation: Gleichgewichtsübungen zur Kompensation von Störungen.
Operative Verfahren: In schweren Fällen operative Eingriffe oder Cochlea-Implantat, allerdings mit schwacher Evidenzlage.
Eine Referenzliste kann auf Wunsch eingesehen werden.