Diese Patienteninformation soll Ihnen helfen, das Krankheitsbild des SHT besser zu verstehen. Sie ersetzt kein persönliches Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt, sondern dient als ergänzende Information.

Was ist ein SHT?

Ein Schädel-Hirn-Trauma (SHT) entsteht, wenn der Kopf plötzlich und stark erschüttert oder getroffen wird – zum Beispiel durch:

·      einen Sturz
·      einen Verkehrsunfall,
·      einen Sportunfall
·      einen Schlag auf den Kopf

Dabei wird das Gehirn im Schädelinneren bewegt oder gequetscht. Je nach Stärke der Verletzung kann es zu einer vorübergehenden Funktionsstörung oder zu bleibenden Schäden kommen.

Einteilung des Schädel-Hirn-Traumas

Leichtes SHT (Commotio cerebri / Gehirnerschütterung) 
·      Kurzzeitige Funktionsstörung des Gehirns ohne bleibende Schäden  Kopfschmerzen, Übelkeit, Schwindel, Konzentrationsstörungen           
Mittelschweres SHT (Contusio cerebri)              
·      Gehirnprellung mit möglicher Blutung oder Schwellung             
·      Längere Bewusstlosigkeit, Gedächtnisstörungen, Schwindel, Sehstörungen
Schweres SHT (Compressio cerebri)                    
·      Schwere Schädigung mit Druck auf das Gehirn, oft lebensbedrohlich | Längere Bewusstlosigkeit, neurologische Ausfälle, Krampfanfälle       

Welche Symptome können auftreten?
Die Beschwerden hängen vom Schweregrad ab, häufig treten auf:

·      Kopfschmerzen
·      Schwindelgefühl oder Gleichgewichtsstörungen
·      Übelkeit und Erbrechen
·      Licht- und Geräuschempfindlichkeit
·      Konzentrations- und Gedächtnisprobleme
·      Müdigkeit, Reizbarkeit, emotionale Veränderungen

Warum tritt Schwindel nach einem Schädel-Hirn-Trauma auf?

Schwindel ist eines der häufigsten Symptome nach einem Kopftrauma – unabhängig vom Schweregrad.
Die Ursachen sind vielschichtig:

1. Störung des Gleichgewichtsorgans (Innenohr)

Durch die Erschütterung können kleine Kristalle (Otolithen) im Innenohr gelöst werden.
Diese wandern in die Bogengänge und verursachen den benignen paroxysmalen Lagerungsschwindel (BPLS).
  → Typisch: Drehschwindelattacken beim Umdrehen im Bett oder beim Bücken.

2. Schädigung der Gleichgewichtsnerven oder -bahnen

Das Trauma kann die Verbindung zwischen Innenohr und Gehirn beeinträchtigen (z. B. eine Labyrintherschütterung oder vestibuläre Nervenreizung).
Folge: anhaltender Dreh- oder Schwankschwindel.

3. Hirnbeteiligung

Bei mittleren oder schweren SHT kann das Kleinhirn oder Hirnstamm betroffen sein – Regionen, die das Gleichgewicht steuern.
Symptome: Unsicherheit beim Gehen, Gangataxie, Übelkeit.

4. Nacken- und Muskelverspannungen

Nach Sturz oder Schleudertrauma kommt es oft zu einer Halswirbelsäulenüberstreckung.
Verspannte Nackenmuskeln oder gestörte Tiefensensibilität können Benommenheitsschwindel auslösen.

5. Psychische und funktionelle Ursachen

Nach einem belastenden Ereignis (z. B. Unfall) kann sich ein funktioneller Schwindel entwickeln.
Typisch ist ein dauerhafter Benommenheits- oder Schwankschwindel, oft begleitet von Angst oder Panikgefühlen.
  → In solchen Fällen spricht man vom funktionellen Schwindel (PPPD – Persistent Postural-Perceptual Dizziness).

Wie lange hält der Schwindel an?

Bei einer leichten Gehirnerschütterung klingen die Symptome meist nach einigen Tagen bis Wochen ab.
Bei Innenohrbeteiligung (BPLS) hilft oft schon ein Lagerungsmanöver (z. B. Epley-Manöver).
Funktioneller oder posttraumatischer Schwindel kann länger bestehen, bessert sich aber meist durch gezielte Rehabilitation und psychologische Begleitung.

Wie wird der Schwindel nach SHT behandelt?

Die Behandlung richtet sich nach der Ursache:

BPLS (Lagerungsschwindel)                    
·      Lagerungsmanöver (Epley oder Semont)                           

Innenohrverletzung / Nervenreizung         
·      Gleichgewichtsübungen, ggf. medikamentöse Unterstützung

Halswirbelsäulenbeteiligung                  
·      Physiotherapie, Haltungs- und Muskeltraining

Funktioneller Schwindel (PPPD)             
·      Vestibuläre Rehabilitation + psychotherapeutische Unterstützung

Begleitende Symptome (Kopfschmerz, Übelkeit)
·      Kurzfristige medikamentöse Behandlung                          

Was kann ich selbst tun?

·      🧍‍♂️ Langsam aufstehen und plötzliche Kopfbewegungen vermeiden.
·      🚶‍♀️ Aktiv bleiben: Regelmäßige Bewegung hilft dem Gehirn, das Gleichgewicht neu zu      trainieren.
·      💧Ausreichend trinken und auf regelmäßige Mahlzeiten achten.
·      💤  Ruhephasen einplanen, aber nicht zu lange Bettruhe halten.
·      💬  Symptome ernst nehmen – bei anhaltendem Schwindel erneut ärztliche Kontrolle!

Wann sollte ich erneut zum Arzt?

Bei anhaltendem oder zunehmendem Schwindel über mehrere Wochen.
Wenn neue Symptome wie Doppelbilder, Sprachstörungen oder Schwäche auftreten.
Bei anhaltender Benommenheit mit Angst oder Panikgefühlen (Verdacht auf funktionellen Schwindel)

Zusammenfassung

Ein Schädel-Hirn-Trauma kann vorübergehend das Gleichgewichtssystem stören.
Schwindel nach einem Unfall ist häufig, aber meist gut behandelbar.
Bei länger bestehenden Beschwerden helfen gezielte Übungen und – falls nötig – eine vestibuläre oder psychologische Rehabilitation.

Die Referenzliste kann auf Wunsch eingesehen werden.

→ zum PDF Schädel-Hirn-Trauma